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Die Kojoin-Empfangshalle ist ein typisches Beispiel für ein Bauwerk im Samurai-Wohnhaus-Stil, also jenem Stil, der sich in der traditionellen japanischen Wohnraum Architektur am meisten verbreitete. Berichten zufolge wurde die Halle 1601 von Yamaoka Doami Kagetomo erbaut, einem Mönch des Miidera-Tempels, der sich in der Sengoku-Zeit, einer Epoche voller Bürgerkriege in Japan, auch als Krieger verdingte.
Der Innenraum ist so angelegt, dass die ersten und zweiten Räume der südlichen Reihe so miteinander verbunden sind, dass sie einen gemeinsamen Raum für öffentliche religiöse Zeremonien bilden. Die Räume beinhalten für diesen Stil typische Dekorelemente, die so genannten Tatami-Raum-Elemente. Darunter finden sich u. a. verschieden Regale, Schubladen und Nischen, einige davon in versetzter Anordnung, ein mit Vorhang versehener Durchgang sowie einen auf die Veranda hinausragenden Erker.
Der Grundriss dieses Bauwerks entspricht weitgehend dem im Japanischen als "Mukashi rokken shichiken no shuden no zu" bezeichneten Plan des Bergwohnsitzes von Ashikaga Yoshimasa aus der Muromachi-Zeit (1336-1573). Die Details dieses Gebäudes, das sich im heutigen Higashiyama in Kyoto befindet, wurden 1608 von Heinouchi Masanobu, einem Tischlermeister des Tokugawa-Shogunats, in seinem “Shomei” betitelten Buch über architektonische Entwürfe aufgezeichnet. Die Kojoin-Empfangshalle stellt somit ein architektonisch äußerst bedeutendes Bauwerk dar, durch welches ein frühes Beispiel des Samurai-Wohnhaus-Stils bewahrt wird. Dieser Stil hatte seinen Ursprung im mittelalterlichen Japan und erlangte zu Beginn der Neuzeit grosse Bedeutung.

“Samurai-Wohnhaus-Stil”

Der Shinden-zukuri-Stil wurde in der aristokratischen Gesellschaft der Heian-Zeit geschaffen und hat sich im Einklang mit dem Wandel der Gesellschaft entwickelt. Ab der Kamakura-Zeit wurde der architektonische Stil auf den Lebensstil der Samurai-Krieger abgestimmt, die die eigentliche Macht innehatten. Er wurde vor allem im Hinblick auf die Bedeutung von Empfängen und Zeremonien verändert. Zudem wurde er vom architektonischen Stil des chinesischen Zen-Buddhismus beeinflusst, und seine unverwechselbaren Merkmale wurden nach und nach für Wohnhäuser von Militärfamilien als sogenannter Shoin-zukuri-Stil übernommen.

“Yamaoka Doami Kagetomo”

Yamaoka Doami Kagetomo (1540-1603) war ein Kriegsfürst und lebte in der Sengoku-Zeit (der Zeit der Streitenden Reiche) und in der Azuchi-Momoyama-Zeit. Er wurde als vierter Sohn von Yamaoka Kageyuki geboren, der Beamter in Mimasaka (Mimasaka-no-kami) und Herr der Burg Seta in der Provinz Omi (dem heutigen Seta in der Stadt Otsu) war. Yamaoka wurde zunächst Priester im zum Miidera-Tempel gehörenden Kojo-in-Tempel, der von Sukehiro, einem Vorfahren der Familie Yamaoka, gegründet worden war, und wurde dort Senkei genannt. Später diente er unter Ashikaga Yoshiaki und Oda Nobunaga. Auch Toyotomi Hideyoshi stand er als Otogi-shu (Geschichtenerzähler) eng zur Seite und wurde Doami genannt. Nach der Schlacht von Sekigahara im Jahr 1601 erhielt er Land im Gegenwert von 9.000 Koku (eine alte für die Reisproduktion bestimmte Maßeinheit) und übernahm das Kommando über die hundertköpfige Schützentruppe der Koga. Im Jahr 1603 wurde er der erste Feudalherr der Domäne Futto im Bezirk Hitachi (dem heutigen Futto in der Stadt Inashiki in der Präfektur Ibaraki), die einen Gegenwert von 10.000 Koku hatte.

“Der Innenraum ist so angelegt”

Der Innenraum ist so angelegt

“Tatami-Raum-Elemente”

Tatami-Raum-Elemente

“Tokugawa-Shogunats”

Dieses Shogunat wurde 1603 von Tokugawa Ieyasu in Edo (dem heutigen Tokio) gegründet. Es dauerte 265 Jahre, in denen 15 Shogune regierten und endete mit der Wiederherstellung der kaiserlichen Herrschaft durch Tokugawa Yoshinobu im Jahr 1867. Die Positionen des Tairo (Großältester), des Roju (ranghöhe Mitglieder des Shogunats) und der Wakadoshiyori (nächsthöherer Rang unter dem Roju) fungierten als Regierungsverwaltung (die Position des Tairo war nicht einheitlich festgelegt). Die San-bugyo (drei Verwalter), darunter die Jisha-, Machi- und Kanjo-bugyo, wurden mit der Bearbeitung von Rechtsstreitigkeiten und der Verwaltung von Tempeln, Schreinen und Territorien beauftragt. Darüber hinaus waren Ometsuke und Metsuke mit der Überwachung von Regierungsangelegenheiten betraut.

“Heinouchi Masanobu”

Heinouchi Masanobu (1583-1645) war ein Schreinermeister der frühen Edo-Zeit. Er stammte aus dem Bezirk Naga in der Provinz Kii (der heutigen Präfektur Wakayama) und war zusammen mit seinem Vater Yoshimasa an den Bauarbeiten für die Familie Toyotomi und die Familie Tokugawa beteiligt. Seine Ernennung zum Schreinermeister für Architektur und Bauwesen erfolgte 1632 durch das Edo-Shogunat. Er wurde zum Leiter der Shitennoji-Schule, einer Handwerkervereinigung, die ihr Können beim Bau von Tempeln und Schreinen im japanischen Stil weitergab. Heinouchi Masanobu ist außerdem bekannt als Verfasser des Architekturbuchs Shomei, in dem Geheimnisse der architektonischen Techniken offengelegt werden.

““Shomei” betitelten Buch über architektonische Entwürfe”

Dieses Buch, in dem die Geheimnisse der architektonischen Techniken beschrieben werden, wurde 1608 von Heinouchi Masanobu, einem Schreinermeister des Edo-Shogunats, geschrieben. Diese Art von architektonischem Entwurfsbuch wird Kiwari-sho genannt, "Shomei" ist ein repräsentatives Beispiel dafür.

“Muromachi-Zeit”

Der Zeitabschnitt in der japanischen Geschichte, in dem der Ashikaga-Klan die Macht übernahm und das Shogunat in Muromachi, Kyoto, gründete. Die Muromachi-Zeit dauerte etwa 180 Jahre, beginnend mit dem Jahr 1392, als sich das Nördliche Kaiserhaus und das Südliche Kaiserhaus vereinigten, bis zum Jahr 1573, als Yoshiaki, der 15. Shogun, von Oda Nobunaga besiegt wurde. Die späte Muromachi-Zeit, die auf den Staatsstreich von Meio folgte, wird auch als Sengoku-Zeit (Zeit der Streitenden Reiche) bezeichnet. Einige Theorien betrachten die Zeit der getrennten Nördlichen und Südlichen Kaiserhäuser (1336-1392) als zur frühen Muromachi-Zeit gehörend.

“Bergwohnsitzes von Ashikaga Yoshimasa”

Die Villa von Ashikaga Yoshimasa. Der derzeitige Ginkakuji-Tempel.

“Mukashi rokken shichiken no shuden no zu”

Mukashi rokken shichiken no shuden no zu
Momoyama-Zeit (6. Jahr der Keichō-Ära, 1601)